Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Thomas,
in Krisenzeiten rücken die Menschen zusammen. Angesichts drohender Gefahren von außen verlieren Auseinandersetzungen und Aushandlungsprozesse schnell an Bedeutung. Aber die Menschen rutschen eben auch zurück in alte Gewohnheiten, in immer wieder fortgeschriebene Routinen. Und deshalb wirken Krisen eben auch wie ein Brennglas, durch das wir auf festsitzende Rollenklischees und vermeintlich überkommene Gepflogenheiten schauen können. Wenn wir jetzt aus dem, was wir dann sehen, Taten folgen lassen würden, haben Krisen durchaus auch etwas Gutes.
Die in den vergangenen Wochen unabhängig voneinander erhobenen Corona-Studien zeigen eben diese Realität unter dem Brennglas: die Lebenssituation vieler Familien mit kleinen Kindern in Deutschland. Die Ergebnisse der Studien machen deutlich, was seit Jahren bei uns hier in Freiburg und auch andernorts schief läuft und – oftmals von Männern- jahrelang kleingeredet wurde: Mütter, die sich nach der Geburt ihrer Kinder in meist jahrzehntelanger Teilzeit wieder ihrer Erwerbsarbeit widmen, ziehen sich aus dem Arbeitsmarkt zurück. Gleichzeitig erhöht sich die Zeit, welche die Mütter für die Betreuung der Kinder aufwenden, für die Hausarbeit oder die Pflege von Familienangehörigen. All das muss uns als Alarmzeichen dienen. Es ist eine Reaktion auf die in Corona-Zeiten schnell geschlossenen Kitas, Schulen, Sportvereine. Genau diese Bereiche, also unter andere, Schule/Kitas kamen leider viel zu kurz in den letzten Wochen. Es wurde über die Aufnahme vom Bundesligabetrieb diskutiert, aber eben nicht über die vielen Familien, die vor wahnsinnigen Herausforderungen standen. Väter sind in dieser Zeit deutlich seltener zurückgetreten. Sie sind bei ihrem Arbeitsleben geblieben, auch dann, wenn sie im Homeoffice arbeiten oder in Kurzarbeit sind. Das ist übrigens auch sicherlich ein Mit-Grund, warum die ganzen Studien zur Krise von Männern gemacht, veröffentlicht und kommuniziert wurden, darauf haben sie, Frau Thomas auch in ihrem Bericht nochmal hingewiesen haben.
Wir erleben also eine deutliche Retraditionalisierung mit schwerwiegenden Folgen in ganz vielen Bereichen. Das alles macht die Arbeit unserer Frauenbeauftragten nur noch wichtiger als eh schon.
Und deshalb findet meine Fraktion es auch völlig richtig, dass es nun keine Gleichstellungskommission mehr gibt sondern deutlich gemacht wird, dass die Arbeit der Frauenbeauftragten eine Querschnittsaufgabe ist, die alle Lebensbereiche von Mädchen und Frauen umfasst und eben auch in alle gesellschaftspolitischen Bereiche hinein wirken muss. Gleichberechtigung ist kein „Frauenthema“, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, das machen wir deutlich, indem wir diese Missstände immer wieder in verschiedenen Ausschüssen und bei unterschiedlichen Themen diskutieren und anmerken. Umso besser auch, dass wir nun in allen Dezernatsbüro AnsprechpartnerInnen für Sie, Frau Thomas, geschaffen werden um die Verzahnungen in die Verwaltung und in die verschiedenen Themenbereiche noch deutlicher zu machen. All die von Frau Thomas inhaltlich gesteckten Bereiche und Ziele sind es, die in den nächsten Monaten nochmal verstärkt unser aller Aufmerksam benötigen. Unser Frauenhaus, die Prostituiertenszene in Freiburg, Unterstützung von geflüchteten Frauen, ganz besonders: Gewalt gegen Frauen, die in der Coronazeit nochmal deutlich zugenommen hat, Aufklärung, der Abbau von Stereotypen, politische Teilhabe von Frauen, aber auch der digitalen Wandel in der Arbeitswelt, der vor allem auch von Frauen mitgestaltet werden muss. Dies alles sind die Themen, die sie im letzten Jahr aufgegriffen haben oder noch auf ihrem to-do-Plan stehen. Das Krisen-Brennglas hat deutlich gemacht wie wichtig ihre Arbeit ist, wie gut gesetzt die Themen sind und vor allem: wie groß der Berg noch vor uns ist, den wir alle gehen müssen. Dafür wünschen wir Ihnen, Frau Thomas viel Erfolg und versprechen Ihnen und ihrem Team unsere vollumfängliche Unterstützung.