Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
bevor wir in einer Woche den Beschluss zum Doppelhaushalt fassen, ist es heute gut, dass wir den Einstieg in den Modernisierungs- Restrukturierungs- und Konsolidierungsprozess beschließen.
Und wenn man sich in den letzten Wochen oder heute bei meinen beiden Vorrednerinnen umhört, merkt man, dass die größte Herausforderung von Beginn an darin liegen wird, die ganz verschiedenen Erwartungen, Hoffnungen und Sorgen zusammenzubringen.
Eigentlich, hätte so ein umfassender Prozess schon viel früher starten müssen. Denn Freiburg wächst schon seit vielen Jahren sehr schnell. Damit nehmen sichtbar auch die Belastungen im Personalbereich und bei den Pensionsansprüchen und auch die Erwartungen an eine gut funktionierende, zukunftsfähige und nachhaltige Infrastruktur zu. In Verbindung mit den coronabedingten Einnahmeausfällen, den zusätzlichen Folgekosten und Mehrausgaben ist in diesen Prozess, der schon lange währt, nun noch etwas mehr „Drive“ reingekommen und wir sind ihnen, Herr Oberbürgermeister, dankbar, dass sie sich dieser Herausforderung nun stellen. Denn mit dem wachsenden strukturellen Defizit ist es heute umso wichtiger, die richtigen politischen Prioritäten zu setzen. Und genau diese sicherlich oftmals dann sehr konfliktiven Entscheidungen, darüber was genau die richtigen Prioritäten sind, müssen wir hier im Stadtrat als Politik diskutieren und sie dann festlegen.
Meiner Fraktion ist es dabei aber wichtig, dass wir an diesen Prozess ran gehen, ohne eine reine Sparbrille aufzuhaben. Wir müssen unsere bestehenden Strukturen hinterfragen, wir müssen uns überlegen, wie wir uns gemeinsam mit der Verwaltung strategisch für die Zukunft aufstellen; an welchen Stellen wir auch zusätzliche Einnahmen generieren können, durch interregionale Zusammenarbeit oder durch eine höhere Fördergelder-Aquise. Wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie wir den großen Herausforderungen, die mit einer so wachsenden Stadt wie Freiburg einher gehen, gerecht werden. Wie wir hier in Freiburg der Wohnungskrise Herr werden und unseren Beitrag zur Klimawende leisten. Wie wir unser Miteinander weiter stärken, um unsere Stadtgesellschaft weiter zusammen zu halten. Aus einer rein ökonomischen Spar-Perspektive wird das nicht gelingen. Vielmehr gilt es, mutig die Weichen für die Zukunft zu stellen.
Und in diese Zukunft unserer Stadt haben wir bereits in den letzten Jahren viele Investitionen getätigt. Die Straßenbahnen, Schulsanierungen, Kita-Ausbau, ein vielfältiges kulturelles Leben: Das waren alles enorm wichtige Entscheidungen, die auch dazu führen, dass sich viele Freiburgerinnen und Freiburger hier so wohl fühlen. Wichtig ist jetzt, mit Blick auf die vielfältigen Herausforderungen Prioritäten zu setzen und zwar gemeinsam mit der Verwaltung und natürlich auch der Bürgerschaft. Gerade in den letzten beiden Jahren konnte man oft den Eindruck gewinnen, dass das Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung eher ein Gegeneinander als ein Miteinander war. Für meine Fraktion ist jedoch klar, dass dieser Prozess nur dann gelingen kann, wenn wir gemeinsam an die Sache ran gehen, wenn die vielen Mitarbeitenden und auch die vielen ExpertInnen in den jeweiligen Bereichen mit einbezogen werden. Wenn ihnen deutlich gemacht wird, dass dieser Prozess auch dafür da ist, die vielen Arbeitsspitzen innerhalb der Verwaltung abzubauen und mit und für die Bürgerschaft ein klarer Zukunfts-Fahrplan entwickelt wird.
Und ich bin froh, dass der gemeinsame Antrag mit Esfa, Grünen, JUPI und Freiburg Lebenswert übernommen wurde, weil er ein ganz zentrales Problem anspricht: Der Bund bestellt allzu oft bei den Kommunen, ohne zu zahlen. Und diese Unterfinanzierung der Kommunen, die geht massiv zu Lasten des Gemeinwesens. Und darüber muss man sich echt mal Gedanken machen. Denn was nützt uns eine scheinbare Freiheit, die sowohl das Land als auch die Kommunen durch das föderale System haben, wenn der Bund auf den Geldtöpfen sitzt, Aufgaben nach unten reicht, ohne gleichzeitig den Scheck mitzugeben? Wir dürfen unserer Meinung nach nicht zulassen, dass dieses massive Ungleichgewicht und die Positionen der Kommunen am Ende der Nahrungskette zu Lasten des Gemeinwesens geht. Bei den harten Entscheidungen, die anstehen, wird meine Fraktion deshalb mit Argusaugen darüber wachen, dass sowohl im Sozial- als auch im Kultur- und Bildungsbereich keine pauschalen Kürzungen stattfinden. Den Preis dafür, dass Prozesse viel zu lange verzögert wurden und Kommunen einen immer größeren Pflichtaufgabenteil bekommen, der nicht ausreichend finanziert wird, den dürfen nicht Sozial-, Kultur und Bildungseinrichtungen bezahlen. Stattdessen gilt es, Prioritäten zu setzen und gemeinsam eine zukunftsfähige Stadt mitzugestalten – und auf diesem Weg werden wir uns sehr gerne tatkräftig und aktiv mit einbringen.