Rede zum Gesamtkonzept „Bezahlbar Wohnen 2030“

Julia Söhne, SPD-Stadträtin im Freiburger Gemeinderat

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Recker,

ich würde ja gerne ausführlich zu den Freien Wählern Stellung beziehen, aber meine Redezeit ist leider so knapp und meine Kolleginnen und Kollegen haben ja schon deutlich gemacht, dass vieles sehr absurd ist. Denn aus der Vorlage geht eindeutig hervor, mit was für einer Fülle an Instrumenten wir mittlerweile probieren DAS soziale Problem in Freiburg: „die Wohnungsnot“ in den Griff zu bekommen. Und, Herr Oberbürgermeister und Frau Recker, wir sind ihnen sehr dankbar, weil in dieser Vorlage viele wichtige und konkrete Punkte nun forciert werden. Viele davon fordert meine Fraktion schon lange:

1. Punkt: Wir wollen mehr Baurechte für den Neubau schaffen. Für uns heißt das konkret, dass zunächst das gebaut werden muss, was am dringendsten benötigt wird: geförderte Mietwohnungen. Denn wenn es zum Luxus wird, eine Wohnung in Freiburg zu finden, und dies nur noch denen vorbehalten ist, die einen dicken Geldbeutel haben, dann ist die Folge eine weitreichende soziale Ausgrenzung und Spaltung in unserer Stadt. Unserer Meinung nach können wir es uns nicht erlauben, dass die Mitte unserer Gesellschaft, dass all jene, die alles in unserer Stadt zusammenhalten, keinen Platz mehr zum Wohnen finden und ins Umland abwandern, wo sie letztendlich auch nichts Bezahlbares mehr finden. Wir können uns das nicht erlauben und deshalb ist es wichtig, massiv in den Neubau zu investieren. Und mir gehen dabei die ewigen Diskussionen über das Verhältnis von Eigentums- und Mietwohnungen ziemlich auf die Nerven. Einige Kolleginnen und Kollegen hier im Haus halten es für eine gute Lösung, wenn sich möglichst viele von der Miete ins Eigentum rüber retten. Dann wird erzählt, dass Eigentum vor Wohnungsnot schütze und die beste Altersvorsorge sei. Das ist alles sicherlich nicht falsch. Für meine Fraktion steht aber fest, dass im Mittelpunkt unserer Politik diejenigen stehen müssen, die ohne uns keine Chance mehr auf dem Wohnungsmarkt haben. Im Mittelpunkt unserer Politik müssen die stehen, für die der Traum vom Eigentum eine Luftblase ist. Die nicht mal eben so einfach einen Kredit von der Bank bekommen, weil sie nichts geerbt haben, weil sie keine Ersparnisse anlegen konnten und weil sie keine sicheren, dauerhaften Arbeitsverträge haben. Um die müssen wir uns kümmern! Und diese vielen Menschen versorgen wir mit Wohnraum, indem wir beim Neubau von bezahlbaren Mietwohnungen endlich Gas geben. Wenn wir dem Markt endlich seine Grenzen aufzeigen und ihm etwas entgegensetzen, indem wir viel bezahlbare Wohnungen neu schaffen.

2. Punkt: Senkung der Baukosten. In der Vorlage hat die Verwaltung darauf hingewiesen, dass allein durch die Senkung der Baukosten keine günstige Miete garantiert ist. Im Zweifel steigt einfach die Rendite des Investors. Insofern werden wir uns ganz genau anschauen, woran gespart werden soll, an Baustandards oder vielleicht sogar an den Arbeitsbedingungen für die Bauarbeiter – das wäre mit uns nicht zu machen. Deshalb waren wir auch dankbar für den Brief vom DGB, der das nochmal unterstrichen hat. Wir stellen uns stattdessen vor, dass wir vergleichbar wie im Land Rheinland-Pfalz einen Wettbewerb für bezahlbaren Wohnungsbau ausloben. Die Kollegin Buchen und der Kollege Krögner haben die Informationen von einem DIfU-Seminar mitgebracht und immer wieder davon berichtet. So ein Ideenwettbewerb würde diesem Themenbereich auch hier in Freiburg guttun, wir sind deshalb dankbar, dass der Antrag übernommen wurde.

3. Punkt: Keine Verkauf von städtischen Flächen. Und liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die Vorlage auch nutzen, unseren Beschluss, keine städtischen Flächen mehr zu verkaufen, zu bekräftigen. Auch wenn von allen Seiten gerüttelt wird, bleibt für uns klar: Wir verhindern damit Bodenspekulation und steigern unser Entwicklungspotential – und das auch für nachkommende Generationen! Ja, wir brauchen kluge Erbbaurecht-Konzepte, erst recht für all jene, die mit unseren Zielen konform gehen und bezahlbaren Mietwohnraum bauen und vor allem dauerhaft erhalten. Das darf uns aber nicht von unserem grundsätzlichen Ziel abhalten, unsere wenigen Flächen nicht zu versilbern, sondern in der eigenen Hand zu behalten, um auch in Zukunft Entwicklungspotential zu haben.

4. Punkt: Wir fördern unsere wohnungspolitischen Partner. Mit der Neuaufstellung der FSB haben wir im Frühling schon einen echten und längst überfälligen Paradigmenwechsel eingeleitet, den wir nun konsequent umsetzen müssen. Neben der Wohnbauoffensive haben wir uns für einkommensabhängige Mieten eingesetzt. Die Zielrichtung: Maximal 30% vom Einkommen für die Miete. An dieser sozialen Vision, bei der endlich die Mieterinnen und Mieter direkt in den Blick genommen werden, werden wir festhalten und uns dafür einsetzen, dass nicht nur die FSB mit gutem Beispiel voran geht, sondern sich weitere Bauträger hier anschließen. Unsere Politik muss bei den Menschen, bei den Mieterinnen und Mietern in Freiburg endlich ankommen.

Neben der FSB müssen wir dazu auch weitere Akteure unterstützen: Die Genossenschaften und das Mietshaussyndikat. Sie sind es, die für preiswerten Wohnraum sorgen und diesen vor allem in ihrem Bestand halten. Sie müssen bei der Vergabe von Grundstücken besonders unterstützt werden. Wir werden uns, ganz konkret in Kleineschholz und in Dietenbach, genau für diese AkteurInnen einsetzten.

Abschließend gilt für uns:
– Wir brauchen neue Konzepte für Eigentumsverhältnisse,
– wir brauchen mehr Gemeinwohlorientierung und weniger Privatisierungswahn,
– mehr Sorgepolitik und weniger Verdrängung,
– mehr Teilhabe von Mieterinnen und Mietern.

Liebe Frau Recker, lieber Herr Horn, mit dieser Vorlage sind die Marschrouten klar formuliert, jetzt wird es darum gehen, diese in konkrete Politik umzusetzen, wenn es um die Vergabe von Grundstücken geht, wenn es darum geht, Gentrifizierung zu verhindern, und wenn es ganz konkret um die Finanzierung von mehr bezahlbarem Wohnraum geht. Wir werden dabei einige Zielkonflikte haben, wenn es zum Beispiel um Flächenversiegelungen geht. Für meine Fraktion ist die Richtung klar: Der Markt wird es allein nicht regeln, wir müssen steuern und zwar mit der größtmöglichen Gemeinwohlorientierung. Weil Wohnen ein Menschenrecht ist und wir für diejenigen Politik machen wollen, die auf dem Freiburger Wohnungsmarkt ohne uns keine Chance mehr haben.
Vielen Dank.

Der Beitrag hat Ihnen gefallen?

Share on Facebook
Share on Twitter