Entscheidung für Dietenbach

Julia Söhne FS

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute steht eine der nächsten sehr richtungsweisenden Entscheidungen für den neuen Stadtteil Dietenbach an: Es geht um die Finanzierung und damit zwangsläufig verbunden auch um die Frage, ob wir unser Versprechen, bezahlbaren Wohnraum zu realisieren, einhalten können.

Und bei all den berechtigten Sorgenfalten, die hier einige Stadträte und auch viele Bürgerinnen und Bürger haben, gibt es aus unserer Sicht eigentlich erstmal Grund zur Freude: Der EMD und damit der Sparkasse ist es gelungen, Kaufverträge mit sämtlichen privaten Grundstückseigentümern abzuschließen. Bei 400 Grundstücken gab es kein einziges Enteignungsverfahren. Die Sparkasse hat sehr gute Arbeit geleistet; alles was wir von der EMD zunächst wollten, nämlich die Optionierung aller Grundstücke, ist erfüllt worden. Deshalb zuvorderst: Dank an die gute Zusammenarbeit mit der Sparkasse Freiburg. Wir sind unserem Ziel, bezahlbaren Wohnraum in Freiburg zu bauen, ein großes Stück nähergekommen.

Redebeitrag Julia Söhne vom 31. Januar 2023 zum Ankauf der Grundstücke in Dietenbach

Und was das Defizitrisiko angeht haben wir nun auch gar keine so wahnsinnig andere Situation als zuvor, weil hier ja nun wirklich niemand glauben kann, dass uns die Sparkasse irgendwelche Risiken abgenommen oder Mehrkosten einfach aus dem eigenen Portemonnaie gezahlt hätte. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind mit und ohne Sparkasse im Prinzip dieselben. Jetzt haben wir es aber in der Hand und die volle Verantwortung dafür. Wir können und müssen von Bauabschnitt zu Bauabschnitt reagieren und haben den Vorteil, dass wir Zins-und Kostensteigerungen kompensieren.

Und deshalb begreift es meine Fraktion auch als eine unglaubliche Chance, alle Grundstücke in der Hand zu haben und über viele Jahre hinweg steuern zu können, was wir wohnungs- und baupolitisch für richtig halten – davon werden auch noch viele Gemeinderätinnen und Gemeinderäte nach uns profitieren: Voller Handlungsspielraum bei einer so wahnsinnig wichtigen Entwicklungsfläche!

Denn durch die eigene Vermarktung und viele Konzeptvergaben können wir steuern, wer baut und wie gebaut wird – ein unglaublicher Vorteil, über den wir uns wirklich freuen.

Und natürlich machen auch uns die steigenden Baupreise, die steigenden Zinsen und die hohen Grundstückspreise Sorgen. Und gerade weil diese Herausforderungen so groß sind, ist mir nochmal wichtig, unsere rote Linie zu markieren: Für uns macht dieser neue Stadtteil und jegliche Finanzierungen dafür dann Sinn, wenn dort bezahlbare Mietwohnungen entstehen. Oder anders gesagt: Ein derartiger Flächenverbrauch und die Versiegelung von landwirtschaftlicher Fläche kann aus unserer Sicht nur gerechtfertigt werden, wenn absolut sichergestellt wird, dass 50% geförderter Mietwohnungsbau realisiert wird. Denn das ist es, was wir in Freiburg dringend brauchen und wonach die Stadtgesellschaft lechzt: Bezahlbarer Wohnraum für alle Freiburgerinnen und Freiburger.

Und deshalb werden wir auch keine Abstriche machen und zu keinen Diskussionen bereit sein, wenn es um diesen Punkt geht. Wir müssen mit diesem Stadtteil dafür sorgen, dass die Preise auf dem Freiburger Wohnungsmarkt nicht weiter steigen.

Damit das gelingt brauchen wir auch die Unterstützung von Land und Bund für geförderten Mietwohnungsbau. Wenn auf der einen Seite auf Bundesebene als Ziel 400.000 neue Wohnungen pro Jahr  ausgerufen werden und heute auf der anderen Seite eines der größten Wohnungsunternehmen titelt „Alle Neubauprojekte werden gestoppt“, wird deutlich, in was für einem Spannungsverhältnis wir gerade stehen: Wenn bezahlbares Wohnen in diesen schwierigen Zeiten realisiert werden soll, braucht es Mittel von Land und Bund. 

Um die Dauer und das Risiko der Zwischenfinanzierung möglichst gering zu  halten und die Liquidität zu sichern, sind wir prinzipiell dazu bereit, Grundstücke zu verkaufen. Aber anders als die Freien Wähler in ihrem Newsletter behaupten, ist das keine „stille und heimliche“ Abkehr von unserer grundsätzlichen Politik. Denn die Grundstücke, um die es geht, die wären ja so oder so durch die EMD veräußert worden. Es ist also einfach unredlich und falsch zu behaupten, dass wir jetzt von unserer völlig richtigen und grundsätzlichen Haltung abweichen würden. Nochmal: Ob mit oder ohne EMD wäre die Situation genau dieselbe. Wir sind für den interfraktionellen Antrag dankbar, der nochmal deutlich macht, dass auch eine Vergabe in Erbpacht mit voller Ablöse ein guter Weg sein kann und dass jetzt nochmal Schritt für Schritt erarbeitet werden muss, bei welchen Grundstücken es eben doch Sinn macht, sie dauerhaft im Bestand zu haben. Das ist es nämlich, was wir weiterhin grundsätzlich für richtig halten: Eine nachhaltige und langfristig gedachte Bodenpolitik.

Also: Wir sehen die Risiken und Herausforderungen, vor denen wir stehen. Aus unserer Sicht wären diese aber auch mit der EMD nicht wirklich viel kleiner gewesen. Jetzt haben wir es in der Hand, können die Risiken besser steuern und kalkulierbar halten, kurzfristig reagieren, Doppelstrukturen abbauen, bei der Vergabe mitentscheiden und langfristig und direkt an unserem klimaneutralen und bezahlbaren neuen Stadtteil mitarbeiten. Wir stimmen dieser aus unserer Sicht wegweisenden Vorlage zu und freuen uns auf die nächsten Schritte hin zum neuen Stadtteil Dietenbach.

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