Massive Erhöhung der Anwohnerparkgebühren führt nicht zur Verkehrswende

Stefan Schillinger, SPD-Stadtrat im Freiburger Gemeinderat

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst einmal befürworten wir ganz grundsätzlich die Vorlage und die damit verbundene Verbesserungen der Park-and-Ride-Situation bzw. des P+R-Konzeptes. Hierzu ist schon einiges gesagt und so darf ich mich in meinem Redebeitrag auf die Aspekte beschränken, die kontrovers sind: Die Gebühren für das Anwohnerparken und die Frage: Was macht man mit den Mehreinnahmen?

Der Ist-Stand nach der 2. Lesung lautet ja: durchschnittlich 30 € im Monat für einen Anwohnerparkausweis, als ersten Schritt, wie Frau Kollegin Gräfin von Kalkreuth gesagt hat, zu den angestrebten 50 € im Monat. Dies lehnen wir als unverhältnismäßig ab. Der Vergleich mit den Kosten für einen Tiefgaragenstellplatz hinkt. Es ist einfach ein massiver Unterschied, ob ich so einen Stellplatz habe, den ich jederzeit nutzen kann, der in einer Tiefgarage natürlich überdacht ist und in der Regel in unmittelbarer Nähe zur Wohnung oder ob ich lediglich ein Kärtchen hinter der Windschutzscheibe habe, das mich zum Suchen eines Parkplatzes im Straßenraum berechtigt, mal mit größerem Erfolg, mal mit geringerem, so sieht es nämlich in der Realität aus.

Zur Zielsetzung des Ganzen: Ich war schon sehr verwundert, im Wochenbericht zu lesen, dass die Fraktionsvorsitzende der Grünen sich von der massiven Gebührenerhöhung „ein Zurückdrängen des Autos aus der Innenstadt“ verspricht. Dahinter steckt ein stückweit die Vorstellung, dass die Mehrzahl der Menschen in unserer Stadt faul und wenig umweltbewusst ist und auf das Auto verzichten kann. Dem ist unserer Überzeugung nach nicht so. Auch Sie wissen: Wir reden häufig von den 70.000 Menschen, die jeden Tag nach Freiburg einpendeln, um hier zu arbeiten. Es gibt aber auch 25.000 Freiburgerinnen und Freiburger, die jeden Tag aus Freiburg auspendeln müssen, um woanders zu arbeiten, und gerade die sind häufig auf das Auto angewiesen. 

Dass Sie aber eigentlich selbst nicht daran glauben, dass sich die Anzahl der Autos in der Innenstadt durch eine massive Gebührenerhöhung reduziert, sieht man an Ihrer Kalkulation der Mehreinnahmen. Hier gehen Sie ja davon aus, dass die Anzahl der Anwohnerparkausweise in etwa bleibt, und das multiplizieren Sie dann mit den durchschnittlich 30 Euro. 

Unser Vorschlag, durchschnittlich 15 € im Monat, (genauer gesagt zwischen 10 € für den Kleinwagen und 20 € für den Sportwagen) ist ein Kompromiss zwischen den einheitlich 10 € der Verwaltung und der Beschlusslage nach der 2. Lesung, also den durchschnittlich 30 € von Grünen, ESFA und Jupi. Es ist ein Kompromiss, der die Menschen mitnimmt und dennoch Mehreinnahmen generiert, die wir brauchen, um Verkehrswende und Klimaschutz voranzubringen, deswegen unsere Strittigstellung und so bitten wir Sie heute um Zustimmung. 

Wir nehmen Verkehrswende und Klimaschutz ernst und wollen die Mehreinnahmen möglichst effizient einsetzen. Der neuesten Vorlage zum Thema Klimaschutz und Mobilität, die am kommenden Montag beraten wird, kann man entnehmen, dass 20 % unserer lokalen CO2-Emissionen auf den Verkehr entfallen. Das ist nicht wenig. Man kann ihr auch entnehmen, wo das Hauptaugenmerk liegen sollte, wo am meisten zu holen ist. Und das sind, auch wenig überraschend, die Wege mit längerer Distanz. Und deswegen sind mehr ÖPNV-Angebote und mehr Park-and-Ride-Parkplätze wichtiger als so manch Radweg von ein paar Metern in unserer schönen Stadt. Dass der Radverkehr einen hohen Stellenwert haben sollte, hier geht es ja auch u.a. um Sicherheit, da sind wir uns weitgehend einig und deswegen haben wir ja auch im vergangenen Herbst/Winter massiv nachgesteuert. Die Mehrheitsbeschlüsse in der zweiten Lesung zu dem Thema können wir in dem Umfang jedoch nicht nachvollziehen. Was wir uns sehr wünschen, ist dass die Mehrheit des Hauses unserem strittig gestellten Antrag auf 500.000 € mehr für Park-and-Ride-Parkplätze doch noch heute zustimmt, auch wenn dafür niemand Unterschriften gesammelt hat. Auch hierfür gibt es im Übrigen massive Zuschüsse von Seiten des Landes, sogar für die Planung. Wer Verkehrswende und Klimaschutz will, darf nicht nur zur Kasse bitten, sondern muss auch gute Angebote machen, vorwiegend dort, wo es am effizientesten ist. Bei P+R haben wir riesigen Aufholbedarf und wenn wir mit Parkpaletten an den Stadträndern, an Endhaltestellen usw. in die Höhe wollen – und nur so wird es funktionieren, dass weniger Autos in die Stadt reinfahren -, dann haben wir heute die Chance, da gut voranzukommen. Vielen Dank.

(es gilt das gesprochene Wort)

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